Gemeinschaft auf Abstand

Gedanken zum Abstand von und dem Umgang mit einander

Mit gemischten Gefühlen sah die Schulgemeinde der Schulöffnung für alle entgegen, die nun schon neuer Alltag geworden ist. Handdesinfektion, Lüften, Einzeltische, Maskenpflicht auf den Wegen, Einbahnbetrieb, gesperrte Aufenthaltsorte, kein Sport, keine Musik, kein Fußball in der Pause, Essen und Trinken nur im Unterricht, halbe Klassen (!) – die Liste der Einschränkungen ist gefühlt unendlich. Und immer wieder:

Abstand Abstand Abstand….

Nur das für Schüler bewusst eingeschränkte Arbeitspensum wird uneingeschränkt begrüßt 🙂
Dafür ist der Schulalltag erstaunlich entspannt und diszipliniert. „Man gewöhnt sich schnell dran, es ist auf alle Fälle besser als zu Hause, weil man die Freunde wenigstens sehen und sich mit ihnen unterhalten kann. Und es herrscht Abwechslung in der Woche.“, lautet das Fazit einer Schülerin nach der ersten Woche Schule.

Im Vorfeld galt es diesen Neustart zu organisieren. Die Vorgaben der Regierung und des Ministeriums sind umfassend und kosteten Schulleitung und Verwaltung einen beachtlichen, Tage und Wochen dauernden Aufwand auch in personeller Hinsicht. Desinfektionsmittel zu beschaffen war nicht einfach, die Halter dafür sind Marke Eigenbau der Hausmeister – da unfassbar teuer.

Die Reinigung der Räume und sanitären Anlagen ist aufwändiger als sonst, die Ummöblierung ein Aufwand sondergleichen, technische Hilfsmittel für den Präsenzunterricht aus der Ferne mussten neu erdacht und beschafft werden, das „Verkehrs“-System auf dem Campus und die Corona-Parkweise im Fahrradkeller erst konzipiert, Einschränkungen per Baustellenband, Nutzerregelungen, Hinweisschilder bedacht und umgesetzt werden.

Täglich folgen Nachbesserungen und Optimierungen – an dieser Stelle soll all das gewürdigt werden, was im Hintergrund geschieht und die Voraussetzungen dafür schafft, dass wir mit minimiertem Infektionsrisiko den Schulalltag meistern können. Herzlichen Dank für all die Umsicht!

Ja, und dann sind da die Masken. Selten gab es eine umstrittenere Maßnahme in Deutschland und anderswo und die bisweilen alle Register ziehende Diskussion macht auch vor Gaienhofen nicht Halt. „Bring your own device“ heißt die Maßgabe, die von Elternbeirat, Schülervertretung und Schulleitung gemeinsam vereinbart und als Konsens bis heute praktiziert wird: „(…) das Tragen einer Gesichtsmaske, die Mund und Nase bedeckt – immer, bei allen Wegen, auch innerhalb der Schule, wenn notwendig auch während des Unterrichts, nach Vorgabe des Lehrers.

In Absprache mit den Vorsitzenden des EBR sowie der gewählten Schülersprecher wollen wir das Tragen einfacher (Stoff-) Masken vorschreiben: zum Schutz der anderen vor der eigenen Atemluft und den eigenen Sprechbläschen – aber wenn das alle tun, schützen wir uns gegenseitig.“ (Brief des Schulleiters an die Schulgemeinde, 25. April 2020). Gegner halten die Maske nach wie vor für einen Eingriff in die persönliche Freiheit und plädieren für physical distancing und die Freiwilligkeit einer solchen Schutzmaßnahme.

Doch genau hier schließt sich der Kreis: Ein Abstand von 1,50m voneinander ist im laufenden Schulbetrieb, an der Bushaltestelle, beim Raumwechsel und am Ein- und Ausgang von Gebäuden (bspw. nach Pausen) nicht gewährleistet und nur schwer durchsetzbar. Und genau für diesen Fall schreibt die Corona Verordnung des Landes vor: „Die Nutzung von Verkehrswegen (u.a. Treppen, Türen, Aufzüge) ist so anzupassen, dass ausreichender Abstand eingehalten werden kann. […]

Wo dies technisch oder organisatorisch nicht gewährleistet ist, sind alternative Maßnahmen (Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen) zu treffen.“ Die Formulierung „sind zu treffen“ bedeutet: Hier gibt es keine Widerrede.

Nun sind wir Menschen nunmal Rudeltiere, unser Bedürfnis nach Nähe ähnelt dem von Schwarmfischen, und gerade in den Pausen wird dies deutlich. Der Schwarm hält Abstand, wenn die Aufsicht darauf hinweist oder mit Hilfe einer Schwimmnudel den Abstand von 1,50m erlebbar macht, der Schwarm nähert sich einander wieder an, wenn andere Schülergruppen auf den zu geringen Abstand zueinander hingewiesen werden.

Und weil das so ist und die Regelungen nicht aus bösem Willen oder provokanter Gleichgültigkeit auf der einen Seite missachtet und auf der anderen Seite nicht aus Schikane heraus eingefordert werden, enden Diskussionen meist in der generellen Einsicht: Wir übernehmen Verantwortung füreinander – und da kann ein wenig mehr Vorsicht als sonst nicht schaden. Je strenger wir jetzt mit uns selbst sind, desto eher können wir im September mit einem „Normalbeginn“ rechnen. Und den wünschen wir uns alle.

Halten wir also Linie und machen das Beste draus – im Sinne von Georg Wilhelm Friedrich Hegel: „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit.“

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